Zusammenfassung
Das atriale natriuretische Peptid (ANP) aus den Vorhöfen des Herzens wirkt vasodilatierend,
natriuretisch und steigert die Gefäßpermeabilität. 1988 fanden wir im Tierversuch
erste Hinweise auf das Vorkommen von ANP-Rezeptoren im Innenohr. Wir vermuteten, dass
ANP an der Regulation der Innenohrflüssigkeiten beteiligt sein könnte. In dieser Studie
gehen wir daher zunächst der Frage nach, welchen Einfluß eine orale Glycerolgabe auf
die Plasmaspiegel von ANP und cGMP hat. Wir fanden keinen deutlichen Unterschied in
den Ausgangswerten von 14 Patienten mit und 34 ohne Menieresche Erkrankung. Während
der ersten Stunde nach Glycerolgabe konnten wir eine signifikante Änderung beobachten:
ANP, sein second messenger cGMP und die Serum-Osmolalität stiegen an, während die
Werte für Gesamteiweiß und Plasma-Renin abfielen. In 10 von 48 Fällen kam es zusätzlich
zu einer Hörverbesserung. Nach der ersten Stunde kam es zu einer Umkehr der Parameter
in Richtung auf ihre Ausgangswerte. Die Hörverbesserung erreichte ihr Maximum hingegen
erst nach zwei Stunden. Wir halten die Blut-Perilymph-Schranke für die Ursache dieser
Zeitverzögerung. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um zu klären, ob Glycerol
die Hörverbesserung auf direktem Wege bewirkt oder (auch) über eine Mobilisation von
ANP.
Summary
Atrial natriuretic peptide (ANP) is a cardiac hormone known to mediate increased capillary
permeability, vasodilation, and natriuresis. In 1988 the authors' experimental results
indicated the presence of ANP receptors in the inner ear. From this they hypothesized
that ANP might be involved in the regulation of inner ear fluids and therefore investigated
the effects of orally administered glycerol on ANP and cGMP plasma levels. As regards
the initial values, there was no apparent significant difference between the 14 subjects
with Ménière's disease and the 34 subjects without. During the first hour after glycerol
administration there was a significant hormonal effect: ANP, cGMP (second messenger),
and serum osmolality increased, while total serum protein and plasma renin decreased.
In addition to this, the hearing ability of ten subjects was positively affected.
After the first hour the hormonal levels reapproached their original homeostatic states.
But the positive effects on hearing ability continued to increase for another hour
before decreasing again. The authors believe that this delayed effect is caused by
the blood-perilymph barrier. Further research is required to establish whether glycerol
affects hearing improvement directly or by mobilizing ANP.